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Presse

Vielfältige Gründe sorgen auch perspektivisch für angespannte Situation auf der Schiene

27.09.2022

Trotz massiver Anstrengungen aller Player: Personalmangel und Baugeschehen schränken Qualität im Nahverkehr weiterhin ein.

Die betriebliche Lage im Schienenpersonennahverkehr hat sich, wie im gesamten Sektor des öffentlichen Verkehrs, in den vergangenen Monaten zusehends verschärft. Neben zunehmenden Mängeln in der Infrastruktur, deren Beseitigung erhebliche Einschränkungen aufgrund von immer mehr Baustellen mit sich bringt, sorgt ein hoher Schadstand bei den Fahrzeugflotten und ein rasant gestiegener Mangel im Personalbereich für deutliche Qualitätseinbußen. Auch wenn sich die Situation an vielen Stellen wieder leicht entspannt, wird die Lösung dieser Problematik die Branche auch langfristig vor große Herausforderungen stellen. 

Die Zahl von Störungen im Bahnbetrieb hat im laufenden Jahr in erheblichem Maße zugenommen. So bringt der immer größere Umfang von notwendigem Baugeschehen auf der Schiene die personellen Ressourcen aller Beteiligten an ihre Grenzen – bei DB Netz ebenso wie bei den Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) und den für die Organisation des Nahverkehrs zuständigen Aufgabenträgern. Nicht nur die Zahl der Baumaßnahmen, auch ihre Komplexität bringt immer größere Aufgabenstellungen mit sich. Schienenersatzverkehr zu organisieren wird immer aufwändiger und ist aufgrund fehlender Ressourcen teilweise sogar nur eingeschränkt umsetzbar. Sorge bereitet allen Akteuren auch die zunehmende Menge an ungeplanten Störungen, die beispielsweise auf Linien der Haard-Achse und im Ruhr-Sieg-Netz zu länger andauernden Einschränkungen führten.

Die Kombination aus Infrastrukturschäden, Fachkräftemangel und Fahrzeugdefekten macht inzwischen so gut wie jeden Betriebstag für EVU wie für Fahrgäste zur Herausforderung. Während einerseits die Instandhaltung der Infrastruktur mehr und mehr zum Kraftakt wird, so ist andererseits der zunehmende Personalmangel zum alles beherrschende Problem geworden – ein Thema, mit dem nicht nur der SPNV zu kämpfen hat, da inzwischen fast jede Branche in Deutschland und darüber hinaus betroffen ist. In NRW haben sich die Player der SPNV-Branche im Rahmen des Programms Fokus Bahn bereits seit mehreren Jahren mit der Bekämpfung des Fachkräftemangels beschäftigt. Die enge Zusammenarbeit zahlt sich aus: So funktionierten Betriebsübergänge, zum Beispiel nach der Insolvenz des Unternehmens Abellio, weitgehend reibungslos. Grundsätzlich haben diverse Krisen, permanentes Nachsteuern und Dauerbelastung die Krankenstände in bisher nicht gekannte Höhen schnellen lassen. Da die Belastungen perspektivisch nicht geringer werden, gehen Fachleute davon aus, dass sich die Krankenstände auf einem Niveau einpendeln werden, das deutlich über früheren Quoten liegt.

Im SPNV in NRW werden bis 2030 jährlich 300 neue Triebfahrzeugführer (Tf) benötigt, um den demographischen Wandel auszugleichen. Weitere 100 Tf fehlen als Basis, um die Nahverkehrsleistungen auf der Schiene auskömmlich zu erbringen. Da auch im Güter- und Fernverkehr die gleichen Probleme existieren, wird insgesamt noch eine wesentlich größere Anzahl neuen Personals benötigt. Und dies nicht nur im Tf-Bereich: Auch im Zugbegleitdienst, in den Werkstätten, in den Leitstellen und auch in der Verwaltung ist die Situation angespannt. Im kommunalen Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) werden bundesweit bis 2030 etwa 74.000 neue Mitarbeitende benötigt, davon etwa 40.000 im Fahrdienst – nur um den aktuellen Bedarf abzudecken. Obwohl alle beteiligten Player mit Hochdruck Initiativen zur Personalrekrutierung und –ausbildung ergriffen haben, ist mit einer weiteren Verschärfung der Personallage zu rechnen.

Uli Beele

Leitung Presse | Kommunikation

Uli Beele

E-Mail: kommunikation@nwl-info.de