Stationsentwicklung
Stationsentwicklung in Westfalen-Lippe
Moderne Bahnstationen haben unterschiedliche Ansprüche zu erfüllen. Sie müssen barrierefreien Zugang zum Schienenpersonennahverkehr (SPNV) gewährleisten, bedarfsgerechte Verkehrsangebote in einem attraktiven Umfeld bieten und neuen Fahrzeugkonzepten, z.B. mit batterieelektrischen Zügen und steigendem Fahrgastaufkommen genügen.
Als SPNV-Aufgabenträger in der Region begleitet der Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) in Abstimmung mit der Deutschen Bahn sowie den Kommunen im Verbandsgebiet Maßnahmen zu Modernisierung und Umbau bestehender oder zur Planung neuer Bahnstationen.
Verantwortlich für Planung und Umbau, aber auch die spätere Verwaltung und Instandhaltung der Bahnstationen sind in der Regel DB Netz und DB Station&Service.
Es wird zwischen zwei Stationsentwicklungen unterschieden:
- Modernisierung, Um- und Ausbau bestehender Stationen
- Entwicklung neuer Stationen
Bestehende Stationen in Westfalen-Lippe
In den 73 Gebietskörperschaften im Verbandsgebiet gibt es aktuell 279 Bahnstationen. Obwohl in den vergangenen Jahren bereits viele dieser Bahnhöfe modernisiert wurden, gibt es noch eine Reihe von Stationen, die modernen Standards noch nicht genügen.
Aktuell befinden sich rund 150 Maßnahmen an 145 Stationen in Planung oder Umsetzung. Die Maßnahmen sind in Programme eingruppiert und werden von Bund, Land, NWL oder gemeinschaftlich finanziert.
Ziele der Programme:
Dies ist insbesondere für mobilitätseingeschränkte Personen sowie sämtliche andere Fahrgäste bspw. mit Kinderwagen, Koffern oder Fahrrad relevant.
Maßnahmen u.a.:
a) Erhöhung der Bahnsteige auf 76 cm für barrierefreien Ein- und Ausstieg
b) Schaffung eines barrierefreien Zugangs zum Bahnsteig
c) Einbau von Blindenleitstreifen
Dies betrifft sowohl die Verkehrssituation vor Ort als auch das Umfeld.
Erfüllung der Anforderungen neuer Fahrkonzepte z.B. mit batterieelektrischen Zügen (kurz: BEMU; battery electric multiple unit) oder steigender Fahrgastzahlen
Neue Stationen in Westfalen-Lippe
Beim Bau neuer Stationen werden zwei Maßnahmenbereiche unterschieden:
- Neue Stationen an Reaktivierungsstrecken
- Neue Stationen an Bestandsstrecken
Neue Stationen an Reaktivierungsstrecken
Bei Reaktivierungen werden stillgelegte Strecken wieder fit für den SPNV gemacht. Damit Züge an den künftig angeschlossenen Kommunen halten können, müssen neue Bahnstationen entstehen, die modernen, technischen und barrierefreien Ansprüchen genügen.
Insgesamt plant der NWL aktuell 22 neue Stationen an Reaktivierungsstrecken. Am weitesten fortgeschritten sind die Strecken Münster - Sendenhorst, Harsewinkel – Gütersloh – Verl und Osnabrück – Recke.
Neue Stationen an Bestandsstrecken
Der NWL hat eine Liste mit potenziellen Stationen an Bestandsstrecken erstellt. Diese bieten ggf. Potenzial, neue Fahrgäste zu gewinnen und Siedlungsstrukturen zu stärken. Die Liste umfasst über 90 Standorte für sowohl neue als auch reaktivierbare Stationen im NWL-Gebiet.
Neubau und Reaktivierungen von Bahnstationen sind zeit- und kostenintensiv.
Der Zeithorizont für Planung und Bau neuer Stationen entspricht den Eckpfeilern des Konzepts zum Zielnetz 2032/40. Bis dahin ist eine bauliche Umsetzung von 5 bis 10 neuen Stationen realistisch. Auch aus Ressourcengründen ist es notwendig, die Vorschläge neuer Stationen mit dem größten Potenzial und dem höchsten Beitrag zur Verkehrswende mit Priorität in Umsetzung zu bringen.
Standardisiertes Bewertungsverfahren als Basis
Für eine erste Bewertung potenzieller Stationen hat der NWL ein standardisiertes Verfahren entwickelt, mit dem alle Vorschläge objektiv und nachvollziehbar evaluiert werden können. Einerseits wird von einem externen Gutachter geprüft, ob die Stationen in den Fahrplan des Zielnetz 2032/40 integrierbar sind. Andererseits wird vom NWL das Potenzial der Stationen ermittelt. Zur Bestimmung des Potenzials werden die Vorschläge an vier Kriterien, sowie einem Zusatzkriterium gemessen und in ein Punktesystem übersetzt:
Innerhalb zweier Radien um die Station werden Einwohner, Beschäftigte, Schul- und Hochschulplätze ermittelt und aufaddiert. Daraus ergibt sich das Erschließungspotenzial. Es bildet die Basis für die Zahl potenzieller neuer Fahrgäste.
Es wird geprüft, ob Museen, Wander- und Radwege, Messehallen und andere Freizeitmagneten im Einzugsbereich liegen. Dann erfolgt eine Einschätzung des Potenzials nach Anzahl der Besucher, aber auch nach Kontinuität der Besucherströme.
Kosten fallen u.a. an für Bahnsteige, Treppen, Rampen oder Lifte sowie Bahnsteigausstattung, z.B. Wetterhäuschen. Auch Kosten, die aufgrund von Maßnahmen am Schienennetz anfallen, z.B. bei Verlegung eines Signals, sind Gegenstand der Aufrechnung. Es handelt sich zunächst um eine grobe Kostenuntersuchung. Detailliertere Untersuchungen erfolgen nach Abschluss der Priorisierung.
Weitere Kosten fallen ggf. an für die Zuwegung von bestehenden öffentlichen Wegen und für die mögliche Verknüpfung mit weiteren Verkehrsmitteln, z.B. durch eine Busstation.
Diese Kategorie ermöglicht die Erfassung spezieller örtlicher Besonderheiten, wie z.B. überdurchschnittlich gute Verknüpfungsmöglichkeiten von Mobilitätsangeboten. Auch Gegebenheiten, die sich negativ auf weitere Planungen auswirken könnten, fließen in die Bewertung ein.
Auf Basis beider Prüfungen (Fahrplanintegrierbarkeit + Potenzial) wird eine Prioritätenliste abgeleitet. Die vielversprechendsten Stationen, von denen der größtmögliche positive Effekt zu erwarten ist, durchlaufen weitere Planungsschritte. In der Reihenfolge, die anhand des Bewertungsverfahrens ermittelt wurde, werden die noch immer „potenziellen Standorte“ in Zusammenarbeit mit DB Station&Service und DB Netz einzeln bewertet und konkret beplant. Umsetzungshorizont ist 2032 bzw. 2040.