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11.02.2025
Medien & Branche

SPNV-Aufgabenträgerschaft in Nordrhein-Westfalen: NWL nimmt Stellung zur geplanten Strukturreform

Die politischen Gremien des NWL beschäftigen sich eingehend mit der Bewertung des nun veröffentlichten Gutachtens des Landes NRW.

Der Zweckverband Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) arbeitet seit mehr als einem Jahr in Kooperation mit seinen Mitgliedszweckverbänden sowie den zugehörigen Kreisen und kreisfreien Städten an der Weiterwicklung seiner Strukturen. In diesem Projekt wurde mit den 19 zum NWL gehörenden Gebietskörperschaften auch intensiv über die kommunale Trägerschaft des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) diskutiert. Insofern haben sich die beteiligten Kreise und kreisfreien Städte bereits umfassend mit den SPNV-bezogenen Themen auseinandergesetzt. Die Vorteile einer engen regionalen Zusammenarbeit sind allen Partnern bewusst. Diese ist ausdrücklich gewollt – nicht zuletzt, um für den Fahrgast das bestmögliche Mobilitätsangebot vor Ort anbieten zu können. Ein landesweiter Reformprozess muss diese Vorteile im Blick haben und den damit verbundenen Anforderungen gerecht werden. Darin sind sich alle beteiligten Partner in Westfalen-Lippe einig.

Die politischen Gremien des NWL sind am Prozess der Meinungsbildung zur strukturellen Weiterentwicklung des SPNV in NRW aktiv beteiligt und setzen sich intensiv mit der Bewertung des nun veröffentlichten Gutachtens des Landes auseinander. Das Papier kommt zu dem Ergebnis, dass einheitliche Strukturen deutliche Vorteile zur Steuerung des SPNV für NRW bringen. Der NWL begrüßt eine Vereinheitlichung wesentlicher Aufgaben des SPNV grundsätzlich und wird sich konstruktiv in die thematischen Arbeitsgruppen unter Führung des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes NRW (MUNV) einbringen.

Als Besteller von Nahverkehrsleistungen unterstützt der NWL die Intention, bestehende Strukturen zu überprüfen und dort anzupassen, wo Effizienzsteigerungen möglich sind. Daher sind wir offen für eine SPNV-Reform, die Synergien nutzt, ohne dabei bewährte Strukturen und regionale Kompetenzen zu schwächen. 

Das MUNV favorisiert eine Fusion der drei bestehenden SPNV-Aufgabenträger in kommunaler Trägerschaft. Hierbei soll die Verantwortung weiterhin bei den Kommunen liegen, während gleichzeitig eine effizientere Steuerung ermöglicht wird. Der politische Diskurs in Westfalen-Lippe ist in diesem Punkt bereits offen und transparent geführt worden. Viele Stimmen haben sich gegen eine kommunale Trägerschaft ausgesprochen – mit dem Hauptargument, dass sich ein kommunaler Träger auf langfristige Entscheidungen zur Planung, Ausgestaltung und Organisation des SPNV einlassen und Verantwortung für Verträge mit Laufzeiten von bis zu 20 Jahren übernehmen muss. Eine dazu erforderliche Finanzierungszusage von Bund und Ländern ist aber nicht ansatzweise in dieser Laufzeit gegeben. Das Umlagerisiko für eine Kommune ist damit hoch, Finanzierungsspielräume sind angesichts schwieriger Haushaltslagen nicht gegeben. Gerade hier muss im politischen Diskurs ein zielführendes Angebot gemacht werden, die Erfüllung dieser Anforderung ist aus Sicht der NWL-Politik ein erfolgskritischer Faktor im Reformprozess. 

Eine Reform des SPNV bietet Chancen und birgt Herausforderungen, die aus Sicht des NWL die folgenden Aspekte zwingend berücksichtigen sollte:

  • Chance zur Effizienzsteigerung nutzen: Die Reduktion von Doppelstrukturen und eine bessere Koordinierung könnten Prozesse optimieren.
  • Herausforderung Regionale Spezifika berücksichtigen: Eine zentralisierte Struktur darf nicht dazu führen, dass regionale Bedarfe und Besonderheiten in den Hintergrund treten.
  • Chance zur Fahrgastorientierung: Eine Reform darf nicht auf eine reine Verwaltungsstrukturreform hinauslaufen, sondern muss sich an einer spürbaren Verbesserung für die Fahrgäste orientieren.
  • Herausforderung bei Unsicherheit in der Mitarbeiterschaft: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der bestehenden Organisationen müssen Klarheit über ihre berufliche Zukunft erhalten, um Unsicherheiten zu vermeiden.

Idealerweise werden im Zuge der Novellierung des ÖPNVG auch Lösungen für diese Herausforderungen entwickelt und die Chancen bestmöglich realisiert. Der NWL wird sich in den Entwicklungsprozess des Ministeriums konstruktiv und sachlich einbringen. Unsere Erfahrungen und die Positionen unserer Politik können und werden wir hier klar mit einbringen. 

In aktuellen Medienberichten wurden verschiedene Themen vermischt. Insbesondere wurde der Eindruck erweckt, dass eine Strukturreform automatisch zu einer Verbesserung des Takts und der Fahrpläne sowie zu mehr Transparenz im Tarif führt. Hier ist klarzustellen: Die Verknüpfung von Taktverbesserungen mit der Strukturdebatte ist sachlich nicht begründet. Die Infrastrukturengpässe und baulichen Defizite sind die zentralen Herausforderungen für bessere Fahrpläne, nicht die Verwaltungsstruktur. Verbesserungen der SPNV-Angebote benötigen eine nachhaltige Finanzierungsstrategie und eine Optimierung der verkehrlichen Rahmenbedingungen, nicht nur eine organisatorische Anpassung. Mit der Einführung von Deutschlandticket und eezy.nrw sind zudem bereits wesentliche Schritte zur tariflichen Attraktivierung des Systems Nahverkehr getan.